|
|
|
|
|
1) Schriftbandanzeiger
Das Anzeigen von Abfahrt und Ankunft auf dem Bahnsteig war von jeher ein wichtiger Aspekt für die Reisendeninformation.
Zusätzlich zu den Lautsprecherdurchsagen hat es sich bewährt, den nächsten Zug und das Zugziel dem Reisenden rechtzeitig zuvor anzuzeigen.
Insbesondere auf großen Bahnhöfen, wo auf demselben Bahnsteig zeitnah Züge in verschiedene Richtungen abfahren, ist die rechtzeitige Information für die Reisenden unumgänglich.
|
|
|
|
|
|
|
|
Lange Zeit hat man sich mit dem Aufstellen von Schildern und Tafeln, zum Teil auch mit mechanischer Unterstützung, beholfen.
Eigens dafür musste meist ein Mitarbeiter abgestellt werden, der bei kurzfristigen Änderungen, beim Umstellen der Schilder,
oft an seine Grenzen kam. Da seinerzeit die Kommunikation vom Stellwerk zum Mitarbeiter auf dem Bahnsteig mitunter zu wünschen
übrig ließ, gab es schon mal Fälle, dass dem Reisenden falsche Ziele angezeigt wurden.
Daher kam schon früh der Wunsch auf, die optische Reisendeninformation direkt vom Stellwerk aus zu steuern und bei Bedarf auch schnell zu ändern.
|
|
|
|
|
|
|
Die Firma Siemens hat sich diesem Problem angenommen und 1968 ein ferngesteuertes Bahnsteigzugzielanzeiger-System vorgestellt. Das System basiert
auf der Technik von Schriftbandgeräten, d.h. alle Ziele oder Informationen werden vorher auf eine Kunststoff-Schriftbandfolie gedruckt. Diese bedruckte
Folie wird im Anzeiger auf 2 Walzen gewickelt. Durch einen Motor werden die Walzen vorwärts oder rückwärts bewegt. Damit das Schriftband an der richtigen
Stelle angehalten wird, gibt es in der Folie am rechten Rand eine Perforation, durch die ein Zählrad angetrieben wird. Ist die vom Stellwerk vorgegebene
Stelle im Schriftband erreicht, so wird der Motor gestoppt und das Schriftband angehalten.
Die Anlage besteht aus einem Bediengerät beim Fahrdienstleiter, einem Relaisrahmen für die Ansteuerung der einzelnen Anzeiger im Fernmelderaum des
Stellwerks und den Anzeigern auf den Bahnsteigen.
Angezeigt werden das Zugziel, der Zuglauf bzw. die Zuggattung sowie die Abfahrtszeit in Stunden und Minuten. Alle 3 Module (Ziel, Gattung und Uhrzeit)
sind in einem Gehäuse (1235x900x338mm) untergebracht, das unter dem Bahnsteigdach oder an einer Ständerkonstruktion befestigt wurde.
|
|
|
|
|
|
|
|
Im Anzeiger selbst befand sich eine Ansteuergruppe, an der alle Module steckbar angebracht wurden. Die Module sowie die Ansteuergruppe
konnten bei Bedarf einzeln ausgetauscht werden.
- Das Ziel-Modul (550x480mm) wurde als Großfeldgerät bezeichnet und hatte eine Kunststofffolie mit 62 Schriftfeldern (max. 126 Schriftfelder möglich).
- Das Gattungsmodule (550x100mm) wurde als Schmalfeldgerät bezeichnet und konnte mit maximal 62 Schriftfeldern bedruckt werden.
- Das Stunden- und Minutenmodul war in einer Einheit zusammengefasst und wurde als Zwillingskleinfeldgerät bezeichnet.
- Zusätzlich gab es noch ein Kleinfeldgerät (130x100mm) zur Anzeige von Symbolen oder einzelnen Buchstaben.
Alle Anzeigemodule wurden durch integrierte Leuchtstofflampen von hinten beleuchtet.
|
|
|
|
|
|
|
|
Das Bediengerät beim Fahrdienstleiter war als Lochkartenlesegerät konzipiert. Jeder Zug hatte eine eigene Lochkarte, auf der das
Ziel, die Gattung, die Uhrzeit sowie die Bahnsteignummer als Löcher im BCD-Code eingestanzt waren. Der Fahrdienstleiter musste nur
die entsprechende Lochkarte in das Gerät stecken und die Start-Taste drücken. Die Codierung der Lochkarte wurde über beleuchtete
Fotodioden abgetastet und diese Informationen wurden im Anzeigersteuerrahmen, der sich im Fernmelderaum befand, ausgewertet und
an den jeweiligen Anzeiger weitergegeben.
Während des Einstellvorgangs am Anzeiger leuchtete die Laufkontrolllampe. Dauerte der Lauf länger als 120 Sekunden, erfolgte
eine Störmeldung am Bediengerät.
War ein Anzeiger gestört, so konnte durch das Bediengerät des Fahrdienstleiters oder mit einem besonderen Stab am Anzeiger selbst
die Ungültigkeitsanzeige aktiviert werden.
Der Betrieb und die Steuerung der Schriftbandanzeiger waren ausschließlich elektromechanisch mit Kontakten und Relais realisiert.
|
|
|
|
|
|
|
Einzig der Lochkartenleser, die Verstärkerplatine für die Signale von den Fotodioden sowie die Thyristoren zur Genauigkeitseinstellung der
Zielanzeige waren teilweise mit den damals neuen Halbleitern bestückt.
Diese Anlagen waren bei der Deutschen Bundesbahn von ca. 1968 bis 1998 in Betrieb. Zuerst an großen Bahnhöfen, bis dann dort Ende der 1970er-Jahre
die ersten Fallblattanzeiger installiert wurden. Die alten Schriftbandanzeiger wurden daraufhin noch an mittleren Bahnhöfen eingesetzt, wo sie
bis Ende der 1990er-Jahre in Betrieb waren.
2) Rekonstruktion und Inbetriebnahme eines Schriftbandanzeigers im Fernmeldemuseum Stuttgart
Um die Funktion eines Schriftbandanzeigers im Museum vorführen zu können, musste von uns ein Ersatzsteuergerät entwickelt und gebaut werden,
da der Original-Relaisrahmen mit den Karten zur optischen Auswertung und den Ansteuerbaugruppen für die Anzeiger zu groß für unser Museum war.
Mit dem Ersatzsteuergerät werden nun die Einstellsignale, die vom Relaisrahmen zum Anzeiger auf dem Bahnsteig gehen, nachgebildet und an die
Original-Ansteuergruppe unseres Anzeigers zur Ansteuerung der Schriftbandmodule gesendet.
So können die einzelnen Module Zugziel, Zuglauf sowie die Abfahrtszeit eingestellt und vorgeführt werden.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
3) Nachfolger der Schriftbandanzeiger
Mitte der 1970er-Jahre wurden dann die ersten Fallblattanzeiger (überwiegend von der Firma Solari) in Betrieb genommen. Der Vorteil war die einfachere Bestückung der Fallblätter und die flexiblere Kombination von Anzeigemodulen.
Mitte der 1990er Jahre folgten dann die ersten LED-Anzeiger, die vollelektronisch beliebig eingegebene Texte darstellen konnten.
Schon ab 2005 wurden diese wiederum durch LCD-Anzeiger ersetzt.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Fallblattanzeiger Fa. Krone, 1985
|
|
|
Text und Fotos: Anton Karolyi, Dezember 2023 |
|
|
|