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Historische Brandmeldezentrale der Junghans Werkfeuerwehr Schramberg

Geschichte und Aufbau

Von 1900 - 2003 gab es in den Junghans-Uhrenwerken in Schramberg eine Werkfeuerwehr, die meist besser ausgestattet war als die übrigen städtischen Feuerwehren in der Umgebung. Im Jahre 1941 erhielt die Werkfeuerwehr eine damals hochmoderne neue Brandmeldezentrale der Firma Siemens & Halske die im Pförtnerhaus des Werks eingebaut wurde.

Die Brandmeldezentrale entsprach damals dem neuesten Stand der Technik nach dem Prinzip des Siemens-Universalsystems. Ausgerüstet für 2 Melderschleifen und 4 Weckerlinien konnte somit ein optimaler Brandschutz durch schnelle Alarmierung im Werk erreicht werden.

Die neue Brandmeldezentrale war mit 2 Zeigerwerken und einem Leuchttableau für 30 Anzeigen ausgestattet. Bei einem Alarm wurde am Zeigerwerk die Nummer des ausgelösten Melders angezeigt und gleichzeitig am Leuchttableau in Klarschrift der Standort. Je nach Zuständigkeit alarmierte der diensthabende Pförtner über die Weckerlinie die zuständigen Feuerwehrkameraden.

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Den Weckerlinienstrom lieferte ein Wechselstromgenerator der in der Anlage integriert war. Als Rückfallebene konnte man die Weckerlinien auch von Hand mit einem Kurbelinduktor bedienen. Die MelderĀ­ und Weckerlinien wurden ständig von der Zentrale auf Unterbrechung und Erdschluss überwacht. Störungen wurden optisch und akustisch an der Zentrale angezeigt.

Die Melderlinien hatten eine eigene Batterie die in der Mitte geerdet war. Somit war es möglich, dass auch bei Unterbrechung einer Melderlinie die Impulse des ausgelösten Melders über eine Seite der Linie und Erde an die Zentrale kam. Zusätzlich sorgte die Erdung der Batterie dafür, dass bei gleichzeitigem Eingang von 2 Feuermeldern beide Alarme unterschiedlich an den beiden Zeigerwerken und Tableaus angezeigt wurden.

Um die Funktionsfähigkeit der Brandmeldezentrale auch bei Netzausfall sicherzustellen war eine Ortsbatterie, im Bereitschafts-Parallelbetrieb angeschlossen, vorhanden.

Der Weg ins Fernmeldemuseum Stuttgart

Mit der Verlegung der Junghans Feinwerktechnik von Schramberg nach Seedorf im Jahre 2002 wurde die Werkfeuerwehr aufgelöst und die Brandmeldeanlage außer Betrieb genommen. Kurz vor dem Abriss des Pförtnerhauses konnte die Anlage noch ausgebaut und durch Mitarbeiter der Fa. Siemens vor dem Verschrotten gerettet werden.

Jetzt musste für sie ein neuer Platz gefunden werden, der sicher und auch groß genug war um die Anlage mitsamt Motor und Relaiseinrichtung unterzubringen. Da diese Siemens-Mitarbeiter Mitglieder im Fernmeldemuseum Stuttgart sind, war der neue Standort naheliegend, zumal auch ein geeigneter Platz zur Verfügung stand.

Außerdem war damals schon geplant die Anlage wieder für Vorführungen betriebsfähig zu machen.

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Die Brandmeldeanlage am neuen Platz in Stuttgart

Zusammensetzung und Montage

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Teil der rückseitigen Verkabelung

Bedingt durch die Eile in der die Brandmeldezentrale im Jahre 2002 kurz vor dem Abriss des Pförtnerhauses in der Geißhaldenstrasse ausgebaut wurde, konnte so gut wie keine Dokumentation, weder schriftlich noch bildlich, erstellt werden.

Um die Anlage überhaupt transportieren zu können, mussten alle Leitungen des Kabelbaums zwischen der Brandmeldetafel und den zugehörigen Relaisschienen geschnitten werden. Die Schalttafel der Stromversorgung war, wie zu damaliger Zeit um 1940 üblich, aus einer 20 mm starken Marmortafel gefertigt. Der Transport der kompletten, jedoch getrennten Anlagenteile, musste so schnell wie möglich durchgeführt werden.

Bei der Fa. Siemens in Stuttgart wurde die Anlage zwischengelagert bis diese dann einige Jahre später endgültig ins Fernmeldemuseum Stuttgart umzog. Dort konnte die große Anzeigentafel sowie die zugehörige Relaiseinrichtung an einem geeigneten Platz aufgestellt und gesichert werden.

Nach langen Jahren in denen die Anlage im Fernmeldemuseum nur ausgestellt war, entschied man sich im Frühjahr 2020 zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der historischen Brandmeldezentrale. Ziel war es, die Funktionsfähigkeit soweit wieder herzustellen, dass ein Alarm auf einer Melderlinie sowie die Signalisierung einer Weckerlinie vorgeführt werden kann. Dabei sollten nach Möglichkeit die originalen Komponenten, soweit vorhanden, genutzt werden.

Da bei der Demontage die Kabelbäume zwischen der Bedientafel und der Relaiseinrichtung geschnitten wurden, bestand die erste Arbeit darin, die einzelnen Adern wieder zu verbinden. Leider waren bei der Demontage der Anlage in Schramberg keine technischen Unterlagen mehr vorhanden, so dass die Art und der Anschluss für die Stromversorgung experimentell ermittelt werden musste.

Bezüglich der technischen Unterlagen wurde eine Anfrage an das historische Siemens-Archiv in München gestellt, die jedoch leider negativ ausfiel. Allerdings erhielten wir eine allgemeine Beschreibung über die zur damaligen Zeit von Siemens hergestellten Brandmeldezentralen. Aus dieser Beschreibung und weiteren Recherchen stellten wir fest, dass es sich um eine Anlage nach dem Siemens-Universalsystem mit einer Stromversorgung 24V und zwei getrennten Batterien handelt.

Auch eine Anfrage beim Siemens Historical Institute in Berlin sowie Nachforschungen im Internet verliefen zunächst ohne Ergebnis.

Mit Schaltungsunterlagen zum Originalbetrieb

Kurze Zeit nachdem die Anlage mit einer Ersatzrelaissteuerung provisorisch in Betrieb genommen werden konnte, erreichte uns im Nachgang vom Siemens Historical Institute Berlin eine Beschreibung über das Siemens-Universalsystem. Darin waren auch Teile der Relaisschaltung eingezeichnet. Nun war es möglich anhand der bruchstückhaften Schaltungsauszüge einen wesentlichen Teil der Originalschaltung in Betrieb zu nehmen. Durch den Transport und die lange Standzeit gab es zusätzlich Kontaktunterbrechungen der Relais, die vorher noch beseitigt werden mussten.

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Prinzipschaltbild Siemens-Universalsystem

Ein erster Probebetrieb mit einem alten vorhandenen Feuermelder war nicht sehr zufrieden stellend, so dass zwar die Anlage reagierte, jedoch die Zeigerwerke keinen Alarm anzeigten.

Da leider nicht die komplette Gesamtschaltung zur Verfügung stand, war es schwierig die Ursache dafür herauszufinden. Versuchsweise wurden noch verschiedene Feuermelder an der Alarmschleife angeschlossen und festgestellt, dass die Anlage auf jeden Melder unterschiedlich reagiert. Somit ergab sich, dass die ordnungsgemäße Funktion vom passenden Melder abhängig ist.

Anhand der Darstellung in einer Siemens-Unterlage über das Universalsystem konnte der Ablauf des "Uhrwerks" im Feuermelder rekonstruiert werden. Einen Probelauf von Hand mit den richtigen Impuls- und Pausenzeiten akzeptierte die Anlage mit einer richtigen Funktion.

Welcher Melder passt?

Da nun feststand, dass zum Auslösen eines Alarms und zum Ablauf der Zeigerwerke eine ganz bestimmte Kombination von Strompausen und Impulsen auf der Melderlinie benötigt werden, begann die Suche nach einem passenden Melder.

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Typischer Feuermelder 1940er Jahre

Leider hatten alle im Museum vorhandenen Feuermelder nicht die von der Brandmeldezentrale geforderte Impuls-Pausen-Kombination.

Allerdings lassen sich die Feuermelder aus den 1960er Jahren anhand einer eingebauten Lamellenscheibe auf eine bestimmte Anzahl von Impulsen durch Herausbrechen von Lamellen einstellen. Dieser Vorgang ist jedoch nur einmal möglich und kann nicht rückgängig gemacht werden. Da alle Feuermelder bereits eingestellt waren, wurde nun eine neue noch nicht benutzte Lamellenscheibe benötigt.

Trotz vieler Bemühungen gelang es uns nicht eine entsprechende Lamellenscheibe zu erhalten. Nach vielen filigranen Feilarbeiten konnten wir aus einer industriellen Passscheibe eine Lamellenscheibe mit der passenden Impuls-Pausen-Kombination fertigen und in den Melder einsetzen.

Die Anlage braucht Kraft

Da die Brandmeldezentrale unabhängig vom Stromnetz war, hatte sie zusätzlich zu den 24V Gleichrichtern noch zwei große Bleibatterien. Eine Batterie versorgte die Brandmeldzentrale im Pförtnerhaus (Lokalbatterie) und die zweite war eigens für die MelderĀ­ und Weckerlinien vorhanden. Die Besonderheit der Batterie für die Linien war, dass diese in der Mitte geerdet war. Durch diese Erdung wurde erreicht, dass selbst bei einem Drahtbruch der Linie ein Alarm in der Zentrale über die noch vorhandene Ader und über Erde ankam. Weiterhin war es dadurch möglich, dass bei Auslösung von 2 Meldern auch beide Alarme unabhängig voneinander von der Zentrale aufgenommen wurden.

Leider konnten die originalen Gleichrichter beim Abbau nicht mehr gerettet werden, so dass wir im Fernmeldemuseum einen kräftigen Ersatzgleichrichter für die Stromversorgung montiert haben. Ein Melderalarm kann trotzdem simuliert werden und auch die Nachbildung und Alarmierung eines Drahtbruchs ist möglich.

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Originale Schalttafel der Stromversorgung (oben), sowie der neue Gleichrichter (unten)

Eine Besonderheit dieser Anlage ist die Möglichkeit einer Alarmierung der Weckerlinie mit einem Rufstromgenerator.

Der Rufstromgenerator befindet sich hinter der Anlage und besteht aus einem Motor, der mit 24V angetrieben wird und als Generator eine Rufwechselspannung von ca. 200V und 25 Hz abgibt. Mit dieser Rufwechselspannung werden über die Weckerlinien die Alarmierungsglocken in den Wohnungen der Feuerwehrmänner versorgt. Die Weckerlinie wird bei Alarm vom diensthabenden Pförtner aktiviert. Zusätzlich kann bei Ausfall des Motors über den "Hand-Rufstrom-Generator", der mit einer Kurbel an der Frontseite angetrieben wird, die Weckerlinie versorgt werden.

Bei nicht ständig besetzten Alarmzentralen kann auch eine automatische Auslösung einer Weckerlinie bei Alarm erfolgen.

Die Anlage ist vorführbereit

Am 3. Mai 2021 war es dann soweit, dass die Anlage vorführbereit wurde.

Im Jahre 1941 bestand die neue Brandmeldezentrale bei Junghans aus:

 
  • Feuermelderlinie I mit 10 Melder und 24 Wecker
  • Feuermelderlinie II mit 7 Melder und 31 Wecker
  • Weckerlinie IV Stadt mit 34 Wecker
  • Weckerlinie V Stadt mit 20 Wecker
  • Weckerlinie VI Stadt mit 9 Wecker
  • Die Feuermelde- und Weckerlinien waren oft mehrere Kilometer lang. Alle Melder und Wecker waren in Reihe geschaltet und zusätzlich an die Erde angeschlossen.

    Die Anlage im Fernmeldemuseum besteht aus:

     
  • einer Feuermeldelinie mit einem Außenmelder
  • einer Weckerlinie mit einem Wecker und einem Kontrollwecker
  • An der Brandmeldezentrale im Fernmeldemuseum können folgende Funktionen vorgeführt werden:

     
  • Auslösen eines Feueralarms durch einen Feuermelder mit Anzeige des Standorts am Leuchttableau, gleichzeitig mit akustischer und optischer Anzeige
  • Alarmierung der Feuerwehrleute über Weckerlinie mit Motorgenerator oder handbetriebenem Kurbelinduktor
  • Anruf vom Feuermelder zur Brandmeldezentrale und Führung eines Gesprächs über Feuermeldelinie
  • Simulierung eines Drahtbruchs der Feuermeldelinie mit akustischer und optischer Anzeige
  • Beim Wiederaufbau im Fernmeldemuseum wurde Wert darauf gelegt wesentliche Änderungen an der Anlage zu vermeiden und diese soweit als möglich im Originalzustand zu belassen.

    Wir freuen uns, dass auf diese Weise ein Stück der Junghans Werkfeuerwehr erhalten bleiben kann.

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    Die Anlage steht vorführbereit im Fernmeldemuseum Mai 2021

    Messaufbau mit Oszillograph zur Einstellung des Feuermelders

    Text und Fotos: Anton Karolyi, November 2021

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